Bericht zur Veranstaltung mit Joseph Oertel, Medizinstudent und Pilot der Seenotrettung am Freitag, 24.10.2025 um 19:00 Uhr in der KHG
Der große Saal in der Katholischen Hochschulgemeinde, unserer Gastgeberin, war gut gefüllt. Sechs Organisationen (darunter auch der pax christi Diözesanvorstand Würzburg) hatten dazu eingeladen.
Der mitgebrachte Film der Organisation Sea Watch war beklemmend, genauso wie der authentische Bericht des sehr sympathischen, jungen Referenten Joseph Oertel, der sich an der Rettung von Geflüchteten als Pilot von Lampedusa aus beteiligt. Die Musik des Trios „Klimperer-Musik-Projekt'“ vom Heuchelhof fügte sich prima ein und erlaubte den Zuhörern willkommenen Raum zum Nachdenken und Atemholen.

Denn wir wurden konfrontiert mit dem, was wir zwar meistens wissen, aber nicht gern nah an uns heranlassen: der skandalöse Mangel an Empathie und Humanität den auf hoher See in Seenot geratenen Flüchtlingen im Mittelmeer gegenüber. In ihren überfüllten, meist seeuntauglichen kleinen Booten sind sie bei hohem Wellengang selbst von einem aufmerksam suchenden Piloten oft nur schwer zu orten. Und, selbst wenn sie gefunden sind, braucht der Pilot die Kooperation der Handelsschiffe, die er vielleicht in der Nähe des Flüchtlingsbootes sichtet. Trotz eines eindeutigen Seerechts, das die Rettung von Schiffbrüchigen vorschreibt, scheuen die Kapitäne oftmals vor hohen Kosten und einer Fahrtverzögerung zurück. Die wenigen zivilen Rettungsschiffe sind oft weit entfernt oder warten in Häfen vergeblich auf die Genehmigung zum Auslaufen.
Unsere gewählten Regierungen in Europa geben viel Geld für die Grenzschutzorganisation Frontex aus, die erwiesenermaßen auch in illegalen Aktionen mit der sog. „libyschen Küstenwache“ zusammenarbeitet, um Flüchtlinge abzuwehren. Durch illegale push-backs zurück ins Bürgerkriegsland Libyen vereitelt diese die Fluchtversuche und verschleppt Menschen in Lager, wo sie häufig auch gefoltert, vergewaltigt und bedroht werden. Die sog. „libysche Küstenwache“ scheut auch nicht davor zurück, durch direktes Rammen von Booten oder sogar Beschuss, die Menschen unmittelbar in Lebensgefahr zu bringen. Auch das Kentern von Flüchtlingsbooten mit dem daraus resultierenden Tod durch Ertrinken wird in Kauf genommen.
Diese leidvolle, wenn nicht tödliche Flüchtlingspolitik der Europäer erzeugt, was uns beim Ansehen dieser Realität im Film und im Bericht von Joseph Oertel nicht erspart wurde: Scham, Schuldgefühle und Ohnmacht beim Wissen um das Sterben von Menschen im Mittelmeer, das sich durch sichere Fluchtwege verhindern ließe.
Bei Entsetzen und Betroffenheit unsererseits darf es aber nicht bleiben. Wir sind gefragt, den allgemeinen Menschenrechten, so auch dem Recht auf Leben, bzw. der Empathie und Menschlichkeit wieder Geltung zu verschaffen. Joseph Oertel ist ein Beispiel, was ein einzelner Mensch tun und wie man es machen kann. Eine näher liegende Möglichkeit ist vielleicht für uns, uns zusammenzufinden, um dieses zivile Engagement zur Rettung von Menschenleben in unserem zunehmend fremdenfeindlichen Umfeld zu verteidigen und zu stärken, auch finanziell. Denn Seenotrettung kostet viel Geld! Aber, wie Heinrich Bedfort-Strohm, für viele Jahre das Gesicht der evangelischen Kirche in Deutschland, sagt: „Seenotrettung ist bezahlbar, Menschenleben sind unbezahlbar“!
Dr. Bärbel Krumme
Foto: Referent Joseph Oertel und die Hauptinitiatorin des Abends Dr. Bärbel Krumme
Bildrechte: Andrea Nickel